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Neue Chefs in kaltem Wasser
Was tun, wenn plötzlich neue Führungsebenen entstehen? Die Personalleiterin rief uns an und bat um Unterstützung. Das Unternehmen mit zahlreichen Verkaufsniederlassungen in der DACH-Region hatte eine Reorganisation durchgeführt. In der Vergangenheit hatten lokale Standortleiter weitgehend unbegrenzten Handlungsspielraum. Sie waren vor Ort zuständig für Vertrieb, Ergebnisse und alle Services. Diese große Autonomie der einzelnen Standorte hatte zu erheblichen Effizienzverlusten geführt, weshalb beschlossen worden war, zukünftig stärker zentral zu steuern.
Statt der lokalen, sehr autonomen Steuerung wurden nun die zentralen, standortübergreifenden Querschnittsrollen (Operation, Services, etc.) gestärkt. Um diese in den Standorten praktisch umsetzen zu können, hatte man nun in den Niederlassungen zahlreiche neue Teamleiterpositionen besetzt.
Im Ergebnis wurden also viele Mitarbeiter an den Standorten zu Teamleitern ernannt, und berichteten an die Funktionsleitungen in der Zentrale – nicht mehr an den ehemaligen Standortleiter. Die ehemaligen Standortleiter verblieben im Regelfall in Vertriebsleiterrollen vor Ort – wenngleich nun mit deutlich weniger Macht als zuvor ausgestattet.
Für die neuernannten, meist eher unerfahrenen Teamleiter ergaben sich daraus vielfältige Herausforderungen. Zum einen mussten sie in einer deutlich veränderten Rolle agieren (zum großen Teil waren sie vom Kollegen zum Vorgesetzten geworden). Andererseits waren die ehemaligen Standortleiter – einst in voller Verantwortung – nach wie vor präsent und blieben wichtige Stakeholder.
Die Stimmung und das Vertrauen in diese neue Führungsstruktur waren sehr ambivalent. Insbesondere die ehemaligen Standortleiter, die sich als Verlierer in diesem Prozess wahrnahmen, änderten ihr Verhalten z.T. kaum, was den neuen Führungskräften ihre Funktion erheblich erschwerte. Die neuen Teamleiter wiederum hatten erhebliche Unsicherheiten, ihre neue Rolle zu finden und gut auszufüllen.
Unser Ansatz
Gemeinsam mit dem Auftraggeber entwickelten wir einen umfassenden Ansatz, um die neuen Führungskräfte schnell und praxisnah an ihre Rolle heranzuführen und zu stärken:
- Gezielte Entwicklung der Führungskräfte: Wir gestalteten ein intensives, kompaktes Entwicklungsprogramm, das den neuen Führungskräften helfen sollte, ihre Rolle zu verstehen, gutes Führungsverhalten ganz praktisch zu üben und binnen Kurzem gut auszufüllen. Besonderer Wert wurde dabei auf das Verständnis der sozialen Dynamik an den jeweiligen Standorten gelegt. Das Programm beinhaltete auch individuelles Coaching, um den Besonderheiten an den jeweiligen Standorten gerecht zu werden. Denn ein One-Size-fits-all erschien nicht angemessen.
- Workshops mit den ehemaligen Standortleiter: Die Bedürfnisse und Bedenken der ehemaligen Standortleiter mussten ernst genommen werden. Wir führten daher Workshops durch, die ihre veränderte Rolle im neuen System besser zu verstehen und ihnen die Möglichkeit bot, die Ausgestaltung der neuen Struktur mitzubeeinflussen.
- Einbindung der zentralen Führungskräfte: Die recht einflussreichen zentralen Funktionsleiter wurden in Workshops für den Change sensibilisiert und in den Veränderungsprozess eingebunden. Auch dies förderte die Zusammenarbeit und half, ein einheitliches Verständnis der neuen Strukturen und Prozesse zu entwickeln.
- Kommunikationsstrategie: Wir entwickelten eine Kommunikationsstrategie, die regelmäßige Updates und transparente Informationen über den Fortschritt und die Veränderungen beinhaltete. So wurde das Vertrauen in die neue Struktur gestärkt und die Akzeptanz erhöht.
Ergebnis
Durch diesen umfassenden und gezielten Ansatz wurden die neuen Teamleiter - je nach Standort unterschiedlich schnell - arbeitsfähig. Es gelang durchgehend, eine neue Balance herzustellen und das Arbeitsklima und das Vertrauen in die neue Führungsstruktur spürbar zu verbessern.
Die neuen Führungskräfte fanden schrittweise in ihre Rollen, die Zusammenarbeit wurde effizienter und harmonischer. Die Zentralisierung der Funktionen erbrachte einen deutlich höheren Professionalisierungsgrad, der u.a. eine beschleunigte Vereinheitlichung und nachfolgende Digitalisierung ermöglichte. Es entwickelte sich eine sich verstetigende Lernkurve. Schritt für Schritt reduzierten wir in Absprache mit dem Auftraggeber unsere Einbindung und übergaben die Verantwortung in interne Hände. Unsere Arbeit war getan.